Arbeiten mit der Lupe und Pinzette

Freitag, 4. September 1953

Schwierige Restaurierungsschritte in den Erfurter Humanistenstätten

Erfurt (os). Der Erfurter Restaurator Richard Hollbach hat bei den Wiederherstellungsarbeiten im Innern der Engelsburg, die jetzt ihrem Ende entgegengehen, eine meisterliche Arbeit vollbracht, die ihn über zwei Monate in Anspruch nahm.
Um auch die Deckengemälde in den zwölf Kassetten wieder sichtbar zu machen, mußte hier mit Lupe und Pinzette gearbeitet werden, um erst einmal den vierfachen Kalkanstrich zu entfernen, worauf dann die zum Vorschein gekommenen Bildfragmente mit verschiedenen chemischen Mitteln behandelt wurden, bis es möglich war, die Konturen und Farbenreste zu vervollständigen. So könnte ein Abglanz der einstigen Schönheit dieser Deckengemälde wiedererstehen.
Auch der Vorraum der Engelsburg erhält eine würdige Ausgestaltung. Der Eingang zum Humanistensaal hat eine schöne, von zwei Säulen getragene Renaissanceumrahmung erhalten, und die Tür weist eine überaus wertvolle, 400 Jahre alte Intarsien-Arbeit auf, die unter einer zwölffachen Übermalung verborgen war und von Hollbach ans Tageslicht gebracht wurde. Die Tür selbst wurde übrigens bei den Wiederherstellungsarbeiten des Hauses zur Windmühle gegenüber der Engelsburg gefunden und hat nun einen würdigen Platz erhalten. Ueber und zu beiden Seiten der Eingangstür werden jetzt die Wappen des humanistischen Freundeskreises angebracht, die sich im Humanistensaal zu ihren "königlichen Sitzungen" versammelt hatten, so vor allem das Wappen des einstigen Besitzers der Engelsburg, des weithin geachteten Arztes Dr. Georg Sturtz, ferner die Wappen von Ulrich von Hutten, Crotus Rubianus, Eobanus Hessus, Johannes Lang und anderen.

(Thüringer Neueste Nachrichten, 04.09.1953)